Die Darm-Mikrobiota ist eine dynamische Gemeinschaft aus Millionen von Mikroorganismen, die eine wichtige Rolle für die menschliche Gesundheit spielen. Eine Behandlung mit Antibiotika kann jedoch das empfindliche Gleichgewicht dieser Gemeinschaft stören und zu schädlichen Auswirkungen auf den Wirt führen. Entzündungen und eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen gehören dazu. In einer Studie mit Mäusen konnte gezeigt werden, dass die vier Antibiotika Ampicillin, Vancomycin, Metronidazol und Neomycin einzeln bzw. in Kombination miteinander die Vielfalt der Darm-Mikrobiota verringern. Die kombinierte Gabe aus allen vier Antibiotika führte zu einer Abnahme von Bakterien-Gattungen mit nützlichem Potenzial, wie beispielsweise von Coprococcus und Lactobacillus. Gattungen mit pathogenem Potenzial wie Enterococcus nahmen zu.2
Das Darm-Mikrobiom verändert sich durch Antibiotika
In derselben Untersuchung2 wurde festgestellt, dass sich die Vielfalt der Darm-Mikrobiota zwar innerhalb weniger Wochen nach dem Absetzen der Antibiotikabehandlung erholt. Jedoch ist die Zusammensetzung der Mikrobiota nach der Therapie eine andere als zuvor. Antibiotika haben demnach nicht nur einen kurzfristigen, sondern sogar einen langfristigen Effekt auf das Mikrobiom des Wirtsdarmes.
Antibiotika-Effekte durch Probiotika abschwächen
Antibiotika sind weltweit eines der am häufigsten verschriebenen Medikamente.3 Die Therapie bakterieller Infektionen wäre ohne sie kaum möglich. Dennoch gehören verlängerte Krankenhausaufenthalte, erhöhte Morbidität und Mortalität sowie höhere Kosten für das Gesundheitssystem auch zu den häufigen Folgen einer Antibiotikabehandlung. Durch eine Metaanalyse von 42 Studien konnte gezeigt werden, dass die gleichzeitige Verabreichung von Probiotika zusammen mit dem Antibiotikum das Risiko einer Antibiotika-assoziierten Durchfallerkrankung bei Erwachsenen signifikant um 37 % verringern konnte (Risiko-Ratio (RR): 0,63; 95%-KI: 0,54–0,73); p<0.00001).3 Auch auf die Dosis des Probiotikums kommt es an: Eine hohe Dosis desselben Probiotikums hat im Vergleich zu einer niedrigeren Dosis einen positiven Schutzeffekt (RR:0,54; 95%-KI: 0,38 bis 0,76, p<0,01). Hauptsächlich die Gattungen Lactobacillus und Bifidobakterium erwiesen sich in der Metaanalyse als wirksam.3
Rolle von Probiotika ist vielfältig
Probiotika entfalten ihre Darm-protektive Wirkung auf verschiedene Weise. So
- stärken sie die Immunität
- verbessern sie die Integrität der Darmbarriere
- produzieren sie antimikrobieller Substanzen
- modulieren sie das Darmmikrobiom
- verringern sie opportunistische Krankheitserreger
Viele randomisierte, kontrollierte Studien, einschließlich stammspezifischer Studien mit Lactobacillus und Saccharomyces sowie Metaanalysen haben den Nutzen von Probiotika bei der Behandlung von Antibiotika-assoziierter Diarrhö gezeigt.
Praxis-Tipp
Im Erwachsenenalter kann eine Dysbiose der Darm-Mikrobiota eine systemische Entzündung fördern und eine Ausbreitung opportunistischer Krankheitserreger verursachen, die zu chronischen Entzündungen distaler Organe führen kann. Als wichtiger Trigger ist das Rauchen bekannt. Aber nicht nur die gestörte Darmflora kann Lungenerkrankungen fördern. Eine erkrankte Lunge hat Einfluss auf gastrointestinale Erkrankungen.
[1] Kopacz K, Phadtare S. Probiotics for the Prevention of Antibiotic-Associated Diarrhea. Healthcare (Basel). 2022;10(8):1450.
[2] Huang C et al. Effects of Four Antibiotics on the Diversity of the Intestinal Microbiota. Microbiol Spectr. 2022;10(2):e0190421.
[3] Goodman C et al. Probiotics for the prevention of antibiotic-associated diarrhoea: a systematic review and meta-analysis. BMJ Open. 2021;11(8):e043054