Virale Atemwegsinfektionen – von einer gewöhnlichen Erkältung bis hin zu einer schweren Lungenentzündung – können durch ein gut funktionierendes Immunsystem abgeschwächt werden.1 Das Immunsystem „speist“ sich förmlich an den mit der Nahrung aufgenommenen Nährstoffen. Wie erst kürzlich in einem Übersichtsartikel gezeigt werden konnte, gibt es einige immunmodulatorische Mikronährstoffe, die für die Immunantwort von besonderer Bedeutung sind. Die Rede ist von Zink, Vitamin A und D sowie den beiden antioxidativ wirkenden Vitaminen C und E. Eine ausgewogene Versorgung mit diesen Mikronährstoffen kann die Immunantwort unterstützen und die Virenreplikation reduzieren. So können die Vitamine und das Spurenelement beispielsweise die Funktion von T-Zellen, B-Zellen sowie natürlichen Killerzellen beeinflussen, die Produktion von entzündungshemmenden Zytokinen stimulieren und oxidativen Stress reduzieren. Mikronährstoffe wirken dabei vor allem auf molekularer Ebene.
Vitamin A – der Schleimbildner
Vitamin A spielt eine wichtige Rolle bei der Bildung von Mucin und antimikrobiellen Peptiden. Ebenso aktiviert es den sogenannten MAPK/ERK-Signalweg. MAPK steht für Mitogen-Activated-Protein-Kinase. ERK bedeutet Extracellular-Signal-Regulated-Kinase. Über diesen Weg ist das Vitamin an der Förderung der Geweberegeneration bei Verletzungen beteiligt. Außerdem fördert Vitamin A die Expression des Retinsäure-induzierbaren Gens I (RIG-I), einem Rezeptor, der doppelsträngige virale RNA erkennt.
Vitamin D – Immun-Boost in allen Phasen der Entzündung
Vitamin D scheint immunmodulatorische Wirkungen in fast allen Phasen der Immunantwort zu haben und ist ein hervorragender Kandidat für die Behandlung von hyperinflammatorischen Erkrankungen wie beispielsweise auch SARS-CoV-2.1 Das fettlösliche Vitamin fördert die Expression mehrerer Gene, die mit immunregulatorischen Funktionen in Verbindung stehen, darunter die von antimikrobiellem Protein (AMP). AMP spielt an der Eingangspforte der Viren, der epithelialen Barriere mit Flimmerhärchen und Mucin eine wichtige Rolle. Es hält die Viren vom Eintritt in die Zellen ab. Vitamin D ist wie die anderen Vitamine und Zink an der Entwicklung und der Funktion von natürlichen Killerzellen beteiligt.
Vitamin E – das Multitalent
Vitamin E kann Teil der Zellmembran sein und ihre Fließfähigkeit regulieren. Es blockiert bioaktive Phospholipide und mindert die Wirkung von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS), die schädlich sein können. ROS entstehen vermehrt bei Entzündungen. Die immunmodulierende Wirkung übt Vitamin E auch über die Modulation von Neutrophilen aus. Es hindert sie am Eindringen in die Lunge und reduziert so Gewebeschäden. Ausreichend Vitamin E scheint die NF-κB- und MAPK-Aktivität zu verringern.
Vitamin C – Regulation über Mitochondrien
Vitamin C wirkt vorrangig als Antioxidans. Es schützt wie Vitamin E die Zellen vor Schäden durch ROS. Es ist auch an der Kollagensynthese beteiligt, die wichtig für die Geweberegeneration ist. Vitamin C fördert die Aktivität des sogenannten Cystic-Fibrosis-Transmembrane-Conductance-Regulators (CFTR), eines Kanals der Chlorid-Sekretion. Ebenso sorgt das Vitamin für die Befeuchtung der Atemwegsoberfläche ALS (Airway Liquid Surface) und regt die Mucin-Synthese an. In den Mitochondrien verstärkt Ascorbinsäure durch die Stimulation von metabolischen Veränderungen die Expression von Interferon-stimulierten Genen (ISG).
Zink – wirkt wie Zell-Kitt
Zink beteiligt sich daran, den Zell-Zell-Kontakt aufrechtzuerhalten. So spielt das Spurenelement eine wichtige Rolle für die „tight junctions“. Die „tight junctions“ bilden so eine undurchlässige Schicht. Zink ist auch für die Funktion des ZCCAC3-Antikörpers (Zinkfingerprotein vom CCHC3-Typ) notwendig. Dieses Protein interagiert mit viraler doppelsträngiger RNA, um deren Bindung an verschiedene Rezeptoren wie RIG-I, Melanom-Differenzierungs-assoziiertes Protein 5 (MDA5) und Toll-Like-Rezeptor 3 (TLR3) zu erleichtern. Außerdem fördert es die Interferon-1-Expression.
Fazit für die Praxis
Mikronährstoffe tragen auf molekularer Ebene dazu bei, die Immunantwort zu modifizieren. Eine ausreichende Versorgung mit Mikronährstoffen spielt eine wichtige Rolle bei der Stärkung des Immunsystems, insbesondere im Kampf gegen virale Infekte der Atemwege. Eine nährstoffreiche Ernährung sowie gegebenenfalls die gezielte Supplementierung von Mikronährstoffen sind die Basis für die Prävention und Behandlung viraler Atemwegsinfektionen.
[1] Jiménez-Uribe AP et al. How Micronutrients Fuel Immune System At the Molecular Level: An Approach to the Immune Response Against Respiratory Viruses. Cell Physiol Biochem 2022;56(S1):53–88.